Die Bilder von Friederike Steinmann, die Sie hier sehen, entstammen einer Werkgruppe, an der sie seit 1998 arbeitet, mit dem Titel „Interferenzen“. Ein gewiss abstrakt wirkender Titel mit einem Begriff aus der Physik, der auf ein für die Kunst Steinmanns wesentliches Phänomen anspielt. Farb- und optische Phänomene überhaupt entstehen, wenn man das Licht als Wellenphänomen beschreibt, durch Überlagerung von Wellen, die sich auszulöschen oder zu verstärken neigen, also durch Interferenzen. Und die Malerei besteht eigentlich in nichts anderem als in dem Handwerk, durch Farbstoffe und Bindemittel ein Gewebe von durchsichtigen und intransparenten Schichten auf einem Bildträger aufzubringen, – mit Pinsel oder wie auch immer – , so dass sich im unterschiedlich gebrochenen und reflektierten Licht durch Interferenzen die verschiedensten Licht- und Farbphänomene ergeben.
Diese allgemeine Beschreibung deckt alle Malerei, von der naturalistischen bis zur reinen Farbmalerei. Das Besondere hier: Friederike Steinmanns Bilder sind in einem ausgesprochenen Sinn „Licht-Bilder“. Wenn man sie von Nahem betrachtet, erkennt man einen subtilen, körperhaften Grundaufbau des Bildes, über den sich eine changierende, sich wandelnde Farbaura zieht. Die Farbe oder besser gesagt: ein immateriell wirkendes farbiges Leuchten wechselt je nach Lichteinfall und je nach Standpunkt und Bewegung des Betrachters vor dem Bild. Um diese Effekte zu erzielen, benutzt Friederike Steinmann neben Acryl künstliche Pigmente, die Interferenzen begünstigen, so dass sich je nach Lichteinfall aus den Wellenüberlagerungen des Lichts subtile Farbspiele ergeben.
In der Werkgruppe der „Interferenzen“ hat Friederike Steinmann ihre Bildtechnik nach ihren ästhetischen Möglichkeiten hin untersucht – Licht- und Farbwirkungen, kompositorischen Aufbau, raumschaffende Potenzen der Bildmittel. Dass diese Bildtechnik die erwähnten spirituellen Gehalte wie selbstverständlich trägt, hat sie unlängst mit einer Installation von hochformatigen Bildtafeln in einer Paderborner Kirche gezeigt. Thema: „Das Buch mit sieben Siegeln“ nach einer Vision aus der Apokalypse oder der Offenbarung des Johannes,……………...
Dr. Manfred Strecker, leitender Kulturredakteur der Neuen Westfälischen, Bielefeld, aus: Eröffnungsrede der Ausstellung Friederike Steinmann im Kunstverein „Talstraße“, Halle/Saale, 2003